Wer dem Amt Scherereien macht, weil er/sie sein/ihr Recht in Anspruch nimmt, soll nicht wohnen, nicht heizen und auch nicht essen und trinken!
Sowohl das SGB II, als auch das SGB XII sehen Mehrbedarfe vor. Denn das menschenwürdige (sozio-kulturelle) Existenzminimum ist individuell zu berechnen (BVerfG in 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09). Berlit, Conradis, Pattar „Existenzsicherungsrecht“ (2019, S. 593) schreiben, dass einige Situationen dafür geradezu prädestiniert sind, so Krankheit und Behinderung. Richtig ist allerdings, dass der § 21 Abs. 6 SGB II absichtsvoll unter CDU/FDP derart schlecht umgesetzt wurde, dass es keinen Katalog oder Hinweise gibt, so dass es der Behörde sehr leicht gemacht wird, alles abzulehnen. Auch für den entsprechenden Paragraphen im SGB XII, den § 27a SGB XII gibt es solche nicht.
Dass ist jedoch kein Grund, dass in Berlin Pankow Jobcenter und Sozialamt auf solche Anträge reagieren, indem die Zahlung zunächst komplett eingestellt wird. Da bei den Mehrbedarfen nur wenige gesetzlich formuliert sind, müssen die die das nicht sind, idR gerichtlich über Jahrzehnte erklagt werden. Solange heißt es mit Heidi „Ich habe leider nur das menschenunwürdige Existenzminimum für Dich“.
Im vorliegenden Fall gibt es aufgrund seltener, systemischer Krankheit einen hohen Mehrbedarf, denn die Regelsatzermittlung richtet sich nach dem durchschnittlichen Bedarf. Da zunächst im Alg2 Bezug wegen Erwerbsunfähigkeit, wurden beim Jobcenter Pankow in 2019 sukzessive Anträge formuliert, Mehrbedarf Ernährung, Mehrbedarf Mobilität (wegen Gehbehinderung), Bekleidung etc.. Diese Anträge wurden nicht nur abgelehnt, sondern es wurde insgesamt dreimal bei sich bietender Gelegenheit, das Alg2 nicht mehr bezahlt, indem die Weiterbewilligungsanträge einfach nicht mehr bearbeitet wurden. Dies hatte erst ein Ende nachdem beim dritten Mal ein gerichtliches Eilverfahren anhängig gemacht wurde.
Die betroffene Person war dann bis zu einer Woche am Monatsanfang ohne Geld. Dies ist als Angriff auf die physische Existenz werten, die Monatsmiete muss am Monatsanfang spätestens am dritten Werktag entrichtet werden. In einer Stadt mit akuten Wohnungsmangel und absurd hoher Mietenspekulation ist man seine Wohnung so sehr schnell los und kann dann auf der Strasse sein Dasein fristen, was wiederum der Behörde Geld spart. Auch ist ja dann die Lebenszeit deutlich reduziert.
Die Mehrbedarfe sind allesamt gerichtlich anhängig, d.h. bis zur Ausurteilung mit einem Instanzenlauf von ca. 15 Jahren müssen erkrankte und behinderte Menschen im menschenunwürdigen Existenzminimum leben. Im Alg2 werden am SG Berlin und LSG Berlin-Brandenburg Mehrbedarfe dergestalt im Eilverfahren abgeschmettert, als dass der Beschwerdewert nicht erreicht wird, weil nur der Beschwerdewert des vorliegenden Verfahrens aber nicht die parallelen Verfahren gewertet werden. Man müsste also von Anfang an wissen, welche Mehrbedarfe auftreten und diese gesammelt beantragen- das ist wohl eher selten der Fall. Da im Alg2 durchaus auf 6 Monatsbasis bewilligt wird, wird auch nicht das für die Beschwerde nötige Jahr erreicht. Zu diesem Thema ist eine Verfassungsbeschwerde in Arbeit. Es darf aber eher davon ausgegangen werden, dass das Bundesverfassungsgericht in der derzeitigen Konstellation kein Interesse an einer solchen Fragestellung hat, da es sich um einen Misstand handelt, der ja nur arme kranke Personen betrifft. Die Mehrbedarfsregelung besteht also lediglich in der Theorie, praktisch wird sie versagt bzw. muss über lange Jahre einzelfallhaft erkämpft werden. Es wird immer noch eine Partei gesucht, die diesen Misstand einmal untersucht (http://www.gegenmacht.net/gesucht-mutige-partei-fuer-kleine-anfrage-an-bundesregierung/). Nächstes Jahr wird die Menschenrechtskommission der UNO informiert. Dies kann allerdings nur informell geschehen, da die Bundesregierung seit den 70ern wohlweislich die Einführung der Individualklage nicht umsetzen.
Nachdem die Erwerbsminderungsrente ausgesprochen war, muss beim Sozialamt Pankow aufstockend Sozialhilfe bezogen werden. Auch hier wurden die Mehrbedarfe beantragt und nach 3 Monaten wegen Dringlichkeit bei Gericht ein Eilantrag gestellt. Hinzu kam, dass trotz extrem günstiger Miete mit ca. 300 € nur ca. 30 € Heizkosten übernommen worden waren, ohne das das Sozialamt erklären konnte, warum bei Substandard Wohnung im nicht isolierten Altbau weniger Heizkosten anfallen sollten als bei Standard Wohnungen, wo im Durchschnitt 80 € übernommen werden sollten. Gleichzeitig wurde eine monatliche Tilgungsrate von ca. 23 € abgezogen. Dieses Darlehen war nötig, weil die Rente nach einer Sparmassnahme der Bundesregierung erst zum Monatsende zugeht, aber die Lebenshaltungskosten ja schon seit Monatsanfang anfallen. Dahinter steht ein Beschluss von Rot-Grün aus dem Jahr 2003. Um Kosten einzusparen erhalten seitdem alle Neu-Rentner*innen die Rente erst am Monatsende. Lediglich die, die vor dem 01.04.2004 schon Rente bezogen, erhalten sie weiterhin zum Monatsanfang. Insgesamt entstand eine erhebliche Unterdeckung. Was zeigt dass die Regelung des 37 a Abs. 4 SGB XII verfassungswidrig ist, da sie keine Öffnungsklausel hat. Aber schon klar, die Politik schert sich einen Dreck um die am unteren Ende.
Dies hatte zur Folge, dass nun dasselbe passierte wie beim Jobcenter, die Sozialhilfe war dann nämlich nicht am letzten Monatstag auf dem Konto und auch nicht am Monatsersten, sondern erst am zweiten Tag, allerdings mitten im Winter nun ganz ohne Heizkosten.
Die Behörde verpflichtet, den Regelbedarf (zuzüglich etwaigem Mehrbedarf) und die Kosten für die Unterkunft für den kommenden Monat gegebenenfalls vorläufig zu bewilligen und vorab zu überweisen, so dass es zum ersten Werktag des Monats zur Verfügung steht (§§ 41 und 42 Sozialgesetzbuch II – SGB II). Das Arbeitslosengeld 2 und Sozialhilfe ist eine Existenzsicherung, die ausstellende Behörde hat dafür zu sorgen, dass der Antrag fristgerecht bearbeitet wird.
Diese Schikane, Einschüchterungs- und Bedrohungsversuche seitens der Behörden sind äußerst erfolgreich, so ist der Verfasserin ein Fall bekannt, wo ein falscher Bescheid (hier wurde fälschlicherweise wegen Krankenhausaufenthalt Kosten abgezogen, wiewohl diese erst bei einem Krankenhausaufenthalt ab 4 Wochen abgezogen werden dürfen) aus Angst davor, nicht angegriffen wurde.
Die Twitter-Frage lautet:
#HartzIV Warum schikanieren (Berlin Pankow) Jobcenter, Sozialamt wenn bei Krankheit Mehrbedarfe beantragt? Mögen Sachbearbeiter keine Behinderten? Oder gibt es Bonus? Oder eine mündliche interne Richtlinie der BA gar BMAS? Wer mehr braucht, fliegt. http://www.gegenmacht.net/schikane-sozialbehoerden-entziehen-existenz
Man kann gerne bei der Amtsleitung, Herrn Gaebel, post.sozialamt@ba-pankow.berlin.de einmal folgendes erfragen:
Wieso wird nach Eilantrag wegen Mehrbedarfen und unzureichendem Heizbedarf die Sozialhilfe nicht pünktlich und dann komplett ohne Heizkosten überwiesen? Obgleich in Berlin Mieten bis zu 700 € und Heizkosten bei Standardwohnungen durchschnittlich 80 € und mehr betragen und die vorliegende Miete deutlich billiger ist. Wieso glaubte man bis dato, dass mit ca. 30 € eine ca. 55 m2 große Substandard Wohnung, ungedämmter Altbau zu heizen ist und es hinreichend ist, das große Zimmer teilzubeheizen und sonst nur noch die Küche zu beheizen? Warum wird mit einer schwer erkrankten Person derart umgegangen? Wieso werden die hohen Mehrbedarfe nicht gezahlt und gleichzeitig trotzdem das Darlehen fällig, wiewohl diese Kosten dann erst einmal selbst bezahlt werden müssen. Vielleicht hat auch der Leiter des Sozialamt Pankow eine Meinung zu dieser verfassungswidrigen Regelung? Das menschenwürdige Existenzminimum ist dann über erhebliche Zeiträume nicht gedeckt. Im übrigen wurde mittlerweile seitens des Lageso der Schwerbehindertenausweis mit Merkmal G zugestanden und für die anderen Mehrbedarfe waren Atteste vorgelegt. Gerne kann noch die eigene Meinung dazu. Das Bearbeitungszeichen des Falls ist: Soz E 1804.
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